Ausgangspunkt der „Krakulatur“- Bilder von Swen Kuttner ist nicht die Malerei, sondern die Zeichnung. Nicht die klassische Situation des Malers, der vor der leeren Leinwand steht und den Pinsel schwingt, sondern die des Zeichners, der sitzt und auf einem Stück Papier im kleinen Format den Stift führt. Was dabei entsteht, ist eine Handzeichnung, sind gezogene Striche, die aus dem Handgelenk schnell und wie absichtslos hingeworfen werden: Bogenschwünge, Knäuel, Spiralen und Gespinste. Ausgangspunkt der Krakulatur-Malerei von Swen Kuttner ist eine Schnörkelei.

Erst dann folgt die Beschäftigung mit der Leinwand. Diese wird zunächst grundiert. Der Farbauftrag erfolgt in mehreren Schichten ohne handschriftlichen Duktus. In einem nächsten Schritt wird die gesamte Bildfläche lückenlos mit Klebefolie abgedeckt. Auf die so vorbereitete und abgeklebte Leinwand projiziert der Künstler die Handzeichnung mittels eines Episkops, ein Gerät, das eine Vorlage an die Wand oder eben an eine aufgestellte Bildleinwand werfen kann. Nun geht es darum, die Projektion auf der vorbereiteten Fläche nachzuzeichnen. Da aber im Licht des Projektors das Kleine nun groß geworden ist und die relativ dünnen Linien der auf Papier gezeichneten Gebilde jetzt zu relativ dicken Linien werden, müssen von jedem ursprünglich einfachen Strich die beiden Konturen, also zwei Linien, nachgezogen werden. Mit dem Skalpell fährt Kuttner diese Konturlinien nach und hebt die zwischen ihnen liegende Folie ab. Der darunterliegende Leinwandgrund wird aufgedeckt.

Die so entstandene Schablone wird nun noch einmal mit der Hintergrundfarbe eingefärbt, bevor dann die eigentliche Linienfarbe aufgetragen wird. Dies geschieht entweder mit Pinsel oder Rolle, wobei der Farbauftrag in fünf bis sechs Schichten erfolgt. Der Künstler verwendet hochpigmentierte, oftmals selbst angemischte Acrylfarben. Später wird dann die Folie von der ganzen Leinwand entfernt. Jetzt erst lässt sich der Grund für diese relativ aufwendige Prozedur des Bildermalens erkennen. Die Linienfigur ist leicht erhaben, sie steht erwas vor der Leinwand, und doch ergibt sich die Präzision ihrer Gestalt nicht aus der aufgeklebten Folie, sondern aus den aufgelegten Farbschichten. Und sie ist die genaue Wiedergabe der Zeichnungsvorlage, mit ihren charakteristischen Schwüngen und Zügen, die sich in dieserForm nur aus der Bewegung des Handgelenks, nicht aber aus der des erhobenen ganzen Arms mit dem Pinsel in der Malerhand gewinnen lassen. In der Vergrößerung dieser speziellen Linien und ihrem Potential an Dreidimensionalität-entstanden durch Farb- und Oberflächenkontrast sowie Auftragstechnik-liegt ihre ureigene Wirkung